Aus der Amazon.de-Redaktion
Eine Autostunde von Fort Lauderdale, zwischen Obstplantagen und Sümpfen, liegt Torrance, die unspektakuläre Kleinstadt, typisch amerikanisch, herumgruppiert um die Hauptstraße, die von Arby's und KFC gesäumt wird. Doch von einem Tag auf den anderen bricht die große Katastrophe in die schwüle Idylle Süd-Floridas hinein: Ein beliebtes Mädchen aus der Highschool wird entführt und ermordet, und für den psychopathischen Mörder war dies erst der Anfang...
Eigentlichen wollten Sandy, ihr Mann Ian mit den zwei Kindern im Teenager-Alter einen Neuanfang in Torrance wagen - weg aus dem engen Neuengland, rein in den sonnigen Süden. Doch Ehemann Ian hatte offenbar seine ganz eigene Vorstellung von einem Neuanfang, wohnt doch seine blondierte und mit üppigen Silikon-Implantaten ausgestattete Internet-Bekanntschaft in dem Ort. Sandy erträgt die Demütigung mit erstaunlicher Würde und beginnt ohne ihren Mann ein neues Leben: Als Lehrerin an der örtlichen Highschool, die abends ebenso charmante wie auch desaströse Bekanntschaften macht. Fast hat man den Eindruck, die eigentlichen Teenager sind hier nicht die Schüler, sondern die Erwachsenen.
Sheriff John Weber heißt der zuständige Ermittler - ein übergewichtiger, ständig schwitzender Koloss, der pikanterweise mit Ians Geliebter eine Affäre hatte. Er macht sich, ebenso wie Sandy, die allen Grund zur Sorge um ihre Kinder und Schüler hat, auf die Jagd nach dem sadistischen Killer, doch der ist ihnen immer einen Schritt voraus.
"Gewalt war nie mein Ding. Ich fand den Spannungsaufbau vor der Tat immer interessanter als die Tat selbst", bekennt der perfide Killer in einem der Abschnitte, die aus seiner Perspektive erzählt werden. Fielding treibt hier auch mit dem Leser ein doppeltes Spiel. Er kann gar nicht anders, als mit dem Killer zum Voyeur der Ängste und Leiden der Opfer zu werden - wenn er etwa erzählt, wie er sein Opfer beobachtet, das er wie ein Tier gefangen hält, wenn er mit seiner Verzweiflung spielt, sie bis zur Agonie peinigt.
Fielding hat einen hochspannenden und grausamen Highschool-Thriller verfasst, der tief eindringt in das Gefühlsleben der Teenager, ihre Ängste, Nöte und Marotten. Diverse Seitenhiebe hat sie dabei übrig für das dort gängige Schönheitsideal, dem nicht wenige mit chirurgischer Hilfe hinterher jagen. Und dass nach zahlreichen Wendungen der Schluss noch einmal alles auf den Kopf stellt, davon kann man bei Joy Fielding mit ziemlicher Sicherheit ausgehen... -- Carsten Hansen, Literaturtest
Joy Fieldings neuester Thriller unterscheidet sich nicht wesentlich von seinen Vorgängern. In einem kleinen Städtchen in Florida verschwindet ein Mädchen nach dem anderen, und Fieldings Lieblingsprotagonisten tauchen alle wieder auf: Der prügelnde Ehemann, der seine Frau ständig betrügt. Der untreue Ehemann, der seine Lieb-aber-langweilig-Gattin für eine Jüngere sitzen lässt, die wie üblich ein Klischee aus blondiertem Haar und aufgespritzten Lippen ist. Das dicke, pickelige, unscheinbare Teenager-Mädchen, das immer gehänselt wird. Und der Polizist, der sein Leben nicht im Griff hat. Ab und an meldet sich der Mörder als Ich-Erzähler zu Wort, in den restlichen Kapiteln werden möglichst viele Verdächtige präsentiert. Die Überraschung am Ende ist dann auch keine wirkliche Überraschung, denn es gehört zum Schema F, dass die am wenigsten verdächtige Person der Täter ist. Tipp: Geld sparen und einen alten Joy-Fielding-Roman lesen. Den hat vermutlich sowieso jeder Krimifan im Regal stehen. (bl)