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Auf der Treppe wurde es verglichen mit dem Hinweg nun ein wenig ungemütlicher, und ihre Schüsse hallten schmerzhaft in der engen Umgebung wider. Wenigstens übertönten sie die furchtbaren Geräusche der Zombies: das Zischen, Scharren und Klappern von Zähnen, das einherging mit schrillen Schreien unersättlichen Hungers und grausamem Blutdurst.
Veronica übernahm die untere Sektion, wohingegen sich Dyson anschickte, die oberen Treppen zu »säubern« und Alex an der Tür Schmiere stand, um ihre Flanke zu decken. Seine Hände zitterten, während er den Lauf des AK-47 hin und her schwenkte, um Ziele in beiden Richtungen erfassen zu können, obwohl er befürchtete, wahrscheinlich eher ein ganzes Magazin zu verfeuern, ehe er den Kopf von jemandem traf. Währenddessen wünschte er sich, wenigstens ein wenig Zeit zum Üben zu haben und konnte an nichts anderes denken, als auf dieses Dach zu gelangen, und ob er dann, wenn es darauf ankam, tatsächlich einen verfluchten Helikopter fliegen konnte oder nicht.
Das musste doch ungefähr so funktionieren wie bei einem Propellerflugzeug, oder?
Mach dir einen Kopf darüber, wenn es so weit ist, dachte er nachdenklich, während er bei jedem Schuss zusammenzuckte, der hinter seinem Rücken erscholl, bei jedem gutturalen Brüllen und jedem Schrei von Veronica – die ihre eigenen Schlachtrufe wegen der explosionsartig nachhallenden Salven vermutlich selbst gar nicht hörte.
Da die Luft ringsum rein war, riskierte er nun vorsichtig einen Blick über seine Schulter und fuhr dann sofort herum. Denn Veronica war anscheinend die Munition ausgegangen, weshalb sie sich gerade nach einem neuen Magazin bückte. Sie hatte die Waffen an ihrem Rücken komplett vergessen – oder glaubte vielleicht auch, weiterhin die besten Chancen mit der Schnellfeuer-Automatik zu haben. Doch wie es aussah, schaffte sie es nicht.
Xander war gerade damit beschäftigt, ehemalige Ärzte, Gebäudewärter und Soldaten niederzumähen, die in einem scheinbar endlosen Ansturm die Treppe herunterströmten und einfach über ihresgleichen stiegen, also konnte er ihr bestimmt nicht helfen. Alex schwang also sein AK herum und zielte, holte tief Luft … und gerade als er das erste gelbe Augenpaar anvisierte, welches einem glatzköpfigen, bemerkenswert dicken Ex-Forscher gehörte, spürte er, wie sich sein Finger anspannte und er abdrücke – mit so viel Begeisterung, wie er aufzubringen in der Lage war.
Der Rückstoß erfolgte prompt, und Alex geriet ins Wanken, fasste sich aber schnell wieder und war bereit für einen weiteren Schuss, und sei es nur auf gut Glück in die Brust, um das Ding zurückzudrängen. Als er wieder hinschaute, taumelte der übergewichtige Zombie rückwärts, während Hirnmasse aus seinem Schädel quoll, da Alex ihm ein stattliches Stück Knochen weggerissen hatte.
»Guter Schuss«, lobte ihn Veronica beim Aufstecken eines frischen Magazins, bevor sie sich wie beiläufig umdrehte und eine weitere Welle Untoter vollpumpte. Alex trat ein, sammelte sich und feuerte dann wieder ein halbes Dutzend Kugeln ab, von denen mindestens zwei trafen, ehe er an der Treppe nach oben zielte und noch einen niederstreckte, indem er die Brust aufwärts perforierte, bis zuerst eine Patrone ins Kinn und dann die nächste in den offenen Mund einschlugen.
Dyson tötete noch einen Zombie, der um die Ecke kam und nach ihnen schnappte, mit der. 45er. Danach nickte er Alex zu. »Danke für die Schützenhilfe, Junge. Und jetzt weiter.«
Alex trat relativ wahllos auf die Rücken oder Brustkörbe blutüberströmter Leichname, während er sich hinauf zu den freieren Stufen kämpfte. Veronica folgte ihm, doch Alex zögerte kurz, während er in einige der Gesichter auf der Treppe und schließlich nach unten schaute.
»Was tun Sie da genau, Sportsfreund, suchen Sie heruntergefallenes Kleingeld?«
Alex schluckte schwer und bemühte sich weiterhin, nicht auf all die zerschossenen Schädel zu achten, sondern nach Augen zu suchen, die ihm bekannt vorkamen. »Will meinen Dad finden.«
Nun hielt Veronica inne. Xander seufzte und winkte ruckartig mit seiner Waffe. »Ich habe ihn nicht in diesem Haufen gesehen, also hören Sie auf damit, Zeit zu verschwenden.«
»Wo haben Sie ihn denn zuletzt gesehen?«
»Draußen, genügt Ihnen das? Er ist sozusagen durchgedreht und ausgebrochen, nachdem er mehrere Wachleute getötet hatte. Ich öffnete die Labortür und ließ ihn einfach gehen. Wahrscheinlich läuft er gerade …«, Xander machte eine Schussbewegung über seine Schulter nach hinten, »… irgendwo in der Weltgeschichte herum, hoffnungsfroh auf freiem Fuß, und tut, was Zombies eben so tun.«
Alex ging kopfschüttelnd hinter den beiden her. »Ich werde ihn nicht einfach so aufgeben. Er kann dagegen ankämpfen, und es war doch nur eine Armwunde.«
»Zugefügt von einem verdammten Dinosaurier«, entgegnete Xander schroff und hüpfte auf eine freie Stufe hinauf, von welcher aus er um die Ecke lief. »Schlagen wir mal ein schnelleres Tempo an, ich kann sie nämlich schon hören.«
Das tat Alex ebenfalls; sie waren auf der Treppe unter ihnen. Er vernahm gegen Wände knallende Türen und noch mehr Getrappel. Zweifellos angelockt von den Schüssen, dachte er. Scheißegal, welche anderen Sinne sie vielleicht noch haben.
»Äh … eine letzte Frage noch.«
»Kommen Sie endlich«, rief Xander verärgert von oben.
Alex stockte mitten in der Bewegung, als er plötzlich einen Riss in seinem Schuh bemerkte. Gleich darauf schaute er auf das ganze Blut am Boden zwischen den Leichen. Teufel auch, an seinen eigenen Klamotten …
»Als Sie dieses Virus-Ding untersucht haben, sind Sie dabei zufällig zu irgendeinem Schluss gelangt, was die Art angeht, wie es … wie es jemanden ansteckt?«
Xander streckte seinen Kopf über das Geländer. »Was?«
»Na ja, Sie haben doch ins Mikroskop geschaut und die Mikroben gesehen, die einfach nur im Blut meines Vaters herumgeschwommen sind, weshalb diese Viecher …
Also, sie müssten doch eigentlich überall sein, oder? Und wenn sie unsere Haut berühren beziehungsweise in eine Schnittwunde eindringen oder in die Augen – oder falls wir sie einatmen …«
»Herrje, haben Sie vielleicht eine Keimphobie oder so etwas in der Art? So läuft das nicht; sie werden nur durch die Enzyme im Speichel des Wirtes aktiviert.«
Alex runzelte die Stirn. »Also müssen wir gebissen werden, damit wir uns anstecken?«
»Ja!«, blaffte Veronica, die den Zusammenhang wesentlich schneller begriffen hatte, als er. »Treten Sie also einfach drauf und schaffen Sie ihren Arsch hier hoch.«
Alex bewegte seinen Fuß weiter, machte dann aber einen Ausfallschritt auf eine freie Stelle, bevor er über den Wust der restlichen Leiber auf den nächsten leeren Fleck sprang. Lieber kein Risiko eingehen.
Schließlich eilte er hinter seinen Begleitern her.