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Luftraum über dem Südpazifik
Die Maschine vom Typ Learjet 35 brauste in Richtung Süden, bemannt mit einer Besatzung aus vier Mann, die lediglich einen einzigen Passagier beförderte. Dieser war zufälligerweise auch der Besitzer des Fliegers: William DeKirk, der in der privat abgetrennten Luxuskabine zurückgelehnt auf einer Ledercouch saß. Er trug einen dunklen Anzug mit roter Krawatte und schnittige Slipper aus Italien an den Füßen, die er locker übereinandergeschlagen hatte. Auf einem Tisch, gefertigt aus dem Stamm eines Urwald-Mammutbaums, stand ein Silbereimer, in dem ein seltener französischer Champagner auf Eis lag, neben einem per Satellit vernetzten Laptop. Der Milliardär blickte von der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Fortune auf, deren Titelseite sein grinsendes Konterfei zierte, und sah dann etwas auf dem Monitor blinken.
Er zog die Mundwinkel hinunter, als er das dazugehörige Programm erkannte, eine automatisierte Anwendung, die darauf eingestellt war, ihn auf jegliche Probleme mit der Forschungsstätte auf der Insel aufmerksam zu machen. Er legte die Zeitschrift nieder, zog den Computer näher heran und öffnete dann die Software. Mehrere Warnungen und wichtige Nachrichten erwarteten ihn: Betriebstemperaturschwelle hier überschritten, minimaler Luftdruck dort nicht erreicht, mehrere Feueralarme ausgelöst, dazu Hinweise auf zerstörte Sicherheitszäune …
Die Anlage war anscheinend gerade im Begriff, dem Chaos anheimzufallen. Dann erschrak DeKirk und klickte auf ein rot leuchtendes Bombensymbol. Das Fenster baute sich neu auf, und ein kleineres zeigte den Befehl: SELBSTZERST_STATUS=1
Wow! Das alte Zeug ist also auch nach all den Jahren noch scharf? Er kratzte sich nachdenklich am Kinn. Damals verstand man wirklich noch etwas davon, Dinge von Dauer zu schaffen.
DeKirk drückte eine Taste, um seine Flugbegleiterin zu rufen. In weniger als dreißig Sekunden schob eine attraktive Brünette die Trennwand zur Seite, betrat die Kabine übertrieben lächelnd und fragte höflich, was sie für ihn tun könne, um seinen Flug noch angenehmer zu gestalten.
Er betrachtete den Champagner missmutig. »Den brauche ich jetzt doch nicht. Bringen Sie mir lieber etwas Stärkeres, sagen wir einen Whiskey on the rocks?«
Sie versicherte ihm, gleich wieder zurück zu sein.
»Und noch etwas.«
Sie drehte sich mit erwartungsvollem Blick nach ihm um.
»Sagen Sie dem Piloten, dass ich unseren Kurs ändern möchte. Wir werden doch nicht zur Insel fliegen.«
»Sehr wohl, Sir. Welches neue Ziel soll ich dem Captain angeben?«
DeKirk zuckte mit den Achseln. »Vorerst Honolulu. Von dort aus sehen wir dann weiter.«
»Wunderbar, Sir. Ich lasse es ihn sofort wissen. Aloha!« Sie lächelte ihm wieder zu, bevor sie ging … ein Traum aus Beinen und Parfüm.
DeKirks Laptop schlug noch mehr Lärm. Er schloss das Programm für die Anlage auf Adranos, hörte dann aber immer noch etwas; es war ein eingehender Skype-Anruf. Nachdem er sich der ID des Kontakts vergewissert hatte, nahm er ihn an. Das angeschlagene Gesicht des Sicherheitschefs der Grabungsstätte in der Antarktis erschien – ein sehr haariges mit grauem Bart und langem, weißem Haar, das über die Stirn fiel.
Was finden diese verwitterten Bohrarbeitertypen bloß an Bärten?, fragte sich DeKirk.
»Strasser, klären Sie mich auf.«
»Gute Neuigkeiten, Mr. DeKirk, Sir!«
»Genau zur richtigen Zeit, Strasser. Ebensolche habe ich gerade bitter nötig.« Er wartete, schaute kurz in den Raum hinein und hoffte, seine Begleiterin komme gleich mit dem Drink zurück. Na los, was hast du, Idiot? Er trommelte ungeduldig mit den Fingern auf dem zweitausend Jahre alten Holz herum.
Als Strasser erkannte, dass ihm die Stille zur Aufforderung gereichte, begann er: »Sir, wir haben noch weitere Stücke gefunden. Hier, werfen Sie einmal einen Blick darauf …« Er drückte mehrere Tasten, woraufhin sich der Bildschirm in zwei Hälften teilte, mit Strasser auf der einen Seite und einer Liveübertragung von der Ausgrabungsstätte auf der anderen.
DeKirk schaute tief in die Grube hinein, die man ausgehoben hatte. Dort unten sah es aus wie in einem Kriegsgebiet, weil die russische Mannschaft und viele seiner eigenen Angestellten – nun allesamt Zombies – ziellos herumirrten und sich gegenseitig angriffen, während an der Bohranlage unglaubliche Unordnung herrschte.
»Gedulden Sie sich, Sir, wir gehen noch tiefer rein …«
DeKirk sah, wie die Kamera hastig hinabstieg – geführt über einen Seilzug, den Strasser bediente –, tief in jene Grube, aus der man auch den T-Rex geborgen hatte. DeKirk neigte sich dem Monitor dichter zu. Das Eis dort unten war beinahe kristallklar, und er bemerkte, dass sich unter den Schichten aus gefrorenem Frischwasser Umrisse abzeichneten. Einige davon befanden sich direkt unter der Oberfläche, mehr Cryos, wie er erkannte, und – war das tatsächlich noch ein Tyrannosaurus?
Der Milliardär fing an zu strahlen und tastete erneut mit einer Hand nach dem Rufknopf. Das war ja fantastisch! Weitere Dinosaurier, und sie schienen noch besser erhalten zu sein als die ersten drei Exemplare. DeKirk fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und dachte darüber nach, ohne zu beachten, was sein Wachhund gerade vor sich hinplapperte … Dann kam die Flugbegleiterin zurück.
Als sie den Whiskey auf dem Tisch abstellen wollte, hielt er eine Hand hoch. »Ich will jetzt doch lieber den Champagner.« Ihr Gesicht ließ eine Sekunde lang Verwirrung erkennen, doch darüber kam sie rasch hinweg. »Selbstverständlich, sofort, Sir.«
Sie entfernte sich mit dem unberührten Whiskey.
DeKirk saß wie verzaubert vor seinem Laptop. Auf dem Bildschirm befreite sich gerade ein zombiefizierter Pterodactylus aus einer dünnen Eisschicht, flatterte kurz mit den Flügeln, spreizte sie und hob dann zu einem Kreisflug durch die Grube ab, um nach oben zu gelangen. DeKirk brannte vor Begeisterung, während sich seine Gedanken vor Möglichkeiten überschlugen, als er sich an Xanders Untersuchungsergebnisse erinnerte, die nun ihm selbst gehörten … an Notbremsen und Virusmodifikation … an Unsterblichkeit und Macht sowie eine Zukunft, die allein er bestimmte.
Unter dem ersten geflügelten Reptil brachen nun auch andere aus und blinzelten verschlafen mit ihren gelben, urtümlichen Augen.
DeKirk schaute gebannt dabei zu, wie sie aufstiegen und dem Ersten in Richtung Oberfläche folgten.
E N D E
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