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In die Matrix überführen: Was sind Zustandsvektoren?
In diesem Kapitel ...
Erstellen von Zustandsvektoren
Dirac-Schreibweise von Zustandsvektoren
Bra- und Ketvektoren
Matrizen
Übergang zur Wellenmechanik
In der klassischen Physik kann man jedem physikalischen System, dessen Zustand oder dessen zeitliche Veränderung man beschreiben will, eine Anzahl von Größen zuordnen. Dabei besitzt jede dieser Größen zu jedem Zeitpunkt einen wohldefinierten Wert; wenn man diese Werte angibt, kann man den Zustand des Systems vollständig beschreiben. Darüber hinaus kann man die zeitliche Entwicklung des Systems bestimmen, wenn man den Zustand des Systems zu einem gegebenen Anfangszeitpunkt kennt.
In der Quantenphysik, die sich mit der Untersuchung mikroskopischer Objekte und Systeme beschäftigt, ist das nicht der Fall. Man kann einem quantenmechanischen Teilchen keinen exakten Ort zuschreiben, sondern nur eine Wahrscheinlichkeit angeben, das Teilchen in einem bestimmten Bereich des Raumes zu finden, wenn man eine Ortsmessung durchführt.
Um sich mit dem Umgang mit Wahrscheinlichkeiten vertraut zu machen, kann man sehr gut einen Würfel verwenden und beispielsweise die Wahrscheinlichkeiten berechnen, mit denen die verschiedenen Werte fallen. Anschließend kann man diese Werte in einer Art und Weise darstellen, die in der Quantenphysik üblich ist. Dazu zählt sowohl die Darstellung in Form von Matrizen als auch von Zustandsvektoren oder Wellenfunktionen.
Ein Schwerpunkt dieses Kapitels besteht demzufolge darin, zu erläutern, wie man mit Wahrscheinlichkeiten in der Quantenphysik umgeht. Wie bereits in Kapitel 2 dargestellt wurde, besteht die geläufigste Methode der Darstellung in der Verwendung der Dirac- oder Bra-Ket-Schreibweise. Daher werden Sie im folgenden bei der Behandlung der Wahrscheinlichkeit bereits mit dieser Schreibweise vertraut gemacht.
Darüber hinaus lernen Sie in diesem Kapitel das mathematische Handwerkszeug kennen, das Sie für den weiteren Umgang mit der Quantenphysik unbedingt benötigen. Keine Angst, die Mathematik ist in diesem Buch möglichst einfach gehalten, aber ohne geht es in der Quantenmechanik nun einmal nicht. Erschrecken Sie vor allem nicht vor Begriffen, die komplizierter klingen als sie tatsächlich sind; meistens gibt es eine einfache Erklärung. So ist beispielsweise der in diesem Buch immer wieder erwähnte Hilbert-Raum nichts weiter als ein bestimmter Vektorraum, der auf Grund seiner mathematischen Struktur die Behandlung quantenphysikalischer Probleme deutlich vereinfacht.
Da in der Quantenmechanik Messgrößen in Form von Operatoren dargestellt werden, ist es von grundlegender Bedeutung, sich im Umgang mit Operatoren zu üben. Sie haben in Kapitel 2 bereits den Hamilton-Operator kennen gelernt, mit dem Sie sich im Verlauf dieses Buches noch sehr ausführlich beschäftigen werden. Darüber hinaus sind natürlich der Orts- und der Impulsoperator grundlegende Größen der Quantenphysik. Aus diesem Grund werden im zweiten Teil dieses Kapitels verschiedene Arten von Operatoren mit bestimmten nützlichen Eigenschaften eingeführt, und die Anwendung der Operator-Mathematik wird ausführlich erläutert.
Nach der Einführung von Bra- und Ket-Vektoren und hermitescher Operatoren folgt eine Rechnung, bei der von wenigen grundlegenden Definitionen ausgehend die Heisenberg'sche Unschärferelation hergeleitet wird. Anhand dieses Beispiels werden Sie erkennen, dass die Anwendung der Dirac-Schreibweise die Darstellung und Lösung eines quantenmechanischen Problems deutlich vereinfachen kann.
Im letzten Punkt dieses Kapitels wird schließlich der Zusammenhang zwischen der Dirac-Schreibweise, der Heisenbergschen Matrizenmechanik und der von Erwin Schrödinger entwickelten Wellenmechanik hergestellt. Am Ende des Kapitels steht schließlich eine der zentralen Gleichungen der Quantenmechanik, die Schrödinger-Gleichung.