Donnerstag, 19. Februar, 21.00 Uhr

Zoe entkorkte den Wein, nachdem sie aus der Wanne gestiegen war. Sie fühlte sich wunderbar warm. Wenn sie den großen Treffer gelandet hatte, würde sie irgendwohin in die Sonne fahren. Zum Teufel mit dem Winter in Chicago.

Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Anthony Ramey war tot, und die Polizei musste sich mit Selbstjustiz auseinander setzen. Und sie, Zoe Richardson, schöpfte bei der Geschichte den Rahm ab.

Mayhew tobt bestimmt schon, dachte sie vergnügt. Dass ich das noch erleben darf. Zoe holte vorsichtig das Band aus ihrem Videorekorder. Die Aufnahme war defintiv wertvoll für ihre Karriere. Sie hatte bereits einen Teil der Beschriftung auf die Kassette geklebt, als ein lautes Hämmern an ihrer Tür sie zusammenfahren ließ. Sie blickte durch den Spion und empfand einen Hauch Unruhe bei seinem Anblick. Doch dann schüttelte sie das Gefühl ab.

Er konnte, würde nichts sagen. Sie konnte, würde ihn bloßstellen. Er war wie Wachs in ihren Händen. Sie öffnete die Tür und tat überrascht. »Nanu? Was machst du denn hier? Hast du meine Nachricht nicht bekommen? Ich hatte doch abgesagt.«

Er schob die Tür auf, trat ein, schloss sie hinter sich und packte ihre Schultern. Sein Gesicht war dunkel und wütend, und an seiner Schläfe trat eine Ader hervor. Die Erregung durchströmte sie bis in die Zehenspitzen.

»Was zum Teufel hast du vor?«, fuhr er sie an und schüttelte sie.

Sie blinzelte, obwohl ihr das Wasser im Mund zusammenlief. Wer hätte gedacht, dass so viel Feuer in ihm steckte? »Was soll das heißen?«

»Ich bin Zoe Richardson«, äffte er ihre Schlussformel vom Abend nach und schüttelte sie wieder. »Hast du eigentlich noch alle Tassen im Schrank?«

»Du tust mir weh!« Sofort ließ er sie los, doch seine Brust hob und senkte sich noch immer heftig. Dieser Dummkopf. »Ich mache meinen Job. Ich bin Reporterin. Ich berichte.«

»Behandel mich nicht wie einen von deinen schwachsinnigen Groupies«, knurrte er. »Ich weiß, was dein Job ist. Aber warum verfolgst du Mayhew? Hast du eigentlich eine Ahnung, was du damit anrichtest?«

Sie zuckte die Achseln und nahm ihr Weinglas. »Das ist nicht mein Problem. Möchtest du ein Glas Wein? Chardonnay – sehr gut.«

Er musterte sie, als habe sie den Verstand verloren. »Es ist dir völlig egal, nicht wahr? Es ist dir egal, ob du in ein Wespennest gestochen hast und damit ganz nebenbei meine Karriere ruinieren kannst.«

Sie hoffte, dass ihr Lächeln aufrichtig wirkte. »Ich sehe ehrlich gesagt keine Verbindung zwischen deinem und meinem Job.« Natürlich gab es eine. Und genau darauf baute sie. Sie trat zu ihm, wohl wissend, wie sie in dem Seidenmantel auf ihn wirkte und was für ein verführerischer Duft von ihr ausging. Bei der Bewegung klaffte ihr Morgenmantel gerade weit genug auseinander, um ihm ein Stück ihrer Brüste zu zeigen, und sie registrierte zufrieden, wie sein Blick abwärts glitt und die Augen aufzuleuchten begannen. »Jetzt sei doch nicht sauer, Darling.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und presste ihre Lippen auf seinen Mund. Sie spürte, wie seine Schultern sich entspannten, ein ganz klein wenig jedenfalls, und er an einer anderen Stelle härter wurde. Sehr viel härter.

Als ob man einem kleinen Kind ein Bonbon gibt. Männer sind so herrlich berechenbar.

»Du wusstest, dass ich eine Reporterin bin, bevor du es noch geschafft hast, dich mit mir bekannt zu machen.« Sie war diejenige gewesen, die alles in die Wege geleitet hatte, um ihm vorgestellt zu werden, aber ihn in dem Glauben zu lassen, dass er der Aggressor war, war Teil der Scharade. Sie berührte seinen Mundwinkel mit der Zungenspitze und spürte, wie er schauderte. »Ich habe über Mayhews Fälle schon berichtet, bevor wir uns kannten, und ich werde es auch dann noch tun, wenn du mich längst satt hast und wieder zu deiner Frau zurückgekehrt bist.« Sie küsste ihn hauchzart und nagte leicht an seiner Unterlippe. »Wie geht’s ihr?«

Seine Hand glitt unter ihren Hausmantel und über den nackten Rücken. »Wem?«, murmelte er und senkte den Kopf.

»Deiner Frau, Liebling«, schnurrte sie.

»Wahrscheinlich schläft sie gerade.« Seine andere Hand zog an den Bändern, die den Hausmantel zusammenhielten. »Und wenn sie einmal schläft, wacht sie vor morgen früh nicht mehr auf.«

Zoe stellte ihr Weinglas, ohne hinzusehen, auf das Beistelltischchen und griff über seine Schulter, um den Riegel der Haustür vorzuschieben. »Wunderbar.«

Chicago Reihe 03 - Des Todes liebste Beute
titlepage.xhtml
haupttitel.html
chapter1.html
chapter2_split_000.html
chapter2_split_001.html
chapter3.html
chapter4.html
chapter5.html
chapter6.html
chapter7.html
chapter8.html
chapter9.html
chapter10.html
chapter11.html
chapter12.html
chapter13.html
chapter14.html
chapter15.html
chapter16.html
chapter17.html
chapter18.html
chapter19.html
chapter20.html
chapter21.html
chapter22.html
chapter23.html
chapter24.html
chapter25.html
chapter26.html
chapter27.html
chapter28.html
chapter29.html
chapter30.html
chapter31.html
chapter32.html
chapter33.html
chapter34.html
chapter35.html
chapter36.html
chapter37.html
chapter38.html
chapter39.html
chapter40.html
chapter41.html
chapter42.html
chapter43.html
chapter44.html
chapter45.html
chapter46.html
chapter47.html
chapter48.html
chapter49.html
chapter50.html
chapter51.html
chapter52.html
chapter53.html
chapter54.html
chapter55.html
chapter56.html
chapter57.html
chapter58.html
chapter59.html
chapter60.html
chapter61.html
chapter62.html
chapter63.html
chapter64.html
chapter65.html
chapter66.html
chapter67.html
chapter68.html
chapter69.html
chapter70.html
chapter71.html
chapter72.html
chapter73.html
chapter74.html
chapter75.html
chapter76.html
chapter77.html
chapter78.html
chapter79.html
chapter80.html
chapter81.html
chapter82.html
chapter83.html
chapter84.html
chapter85.html
chapter86.html
chapter87.html
chapter88.html
chapter89.html
chapter90.html
chapter91.html
chapter92.html
chapter93.html
chapter94.html
chapter95.html
chapter96.html
chapter97.html
chapter98.html
chapter99.html
chapter100.html
chapter101.html
chapter102.html
chapter103.html
chapter104.html
chapter105.html
chapter106.html
chapter107.html
chapter108.html
chapter109.html
chapter110.html
chapter111.html
chapter112.html
chapter113.html
chapter114.html
chapter115.html
chapter116.html
chapter117.html
chapter118.html
chapter119.html
chapter120.html
chapter121.html
chapter122.html
chapter123.html
chapter124.html
chapter125.html
chapter126.html
chapter127.html
chapter128.html
chapter129.html
chapter130.html
chapter131.html
chapter132.html
chapter133.html
chapter134.html
chapter135.html
chapter136.html
chapter137.html
chapter138.html
chapter139.html
chapter140.html
chapter141.html
chapter142.html
chapter143.html
chapter144.html
chapter145.html
chapter146.html
chapter147.html
chapter148.html
chapter149.html
chapter150.html
chapter151.html
chapter152.html
chapter153.html
chapter154.html
chapter155.html
chapter156.html
chapter157.html
chapter158.html
chapter159.html
chapter160.html
chapter161.html
chapter162.html
chapter163.html
chapter164.html
chapter165.html
chapter166.html
chapter167.html
chapter168.html
chapter169.html
chapter170.html
chapter171.html
chapter172.html
info_autor.html
info_buch.html
impressum.html
hinweise.html