Montag, 23. Februar, 23.00 Uhr
Eigentlich hätte er noch warten sollen. Er hätte zwischendurch Pausen einlegen müssen, aber ihm lief die Zeit davon. Es waren noch so viele Namen im Goldfischglas. Dreckschweine. Anwälte. Richter.
Es war so kalt. Er schauderte. Seine Glieder schmerzten. Er spürte, dass sein Hals immer wunder wurde. Das Dach unter seinem Bauch war hart und eiskalt, und seine Finger waren vor Kälte steif geworden. Er wartete nun schon seit zwei Stunden. Inzwischen glaubte er nicht mehr daran, dass William Carson auftauchen würde. Er lächelte grimmig, und seine Lippen sprangen auf. Vielleicht lernten die Verteidiger langsam dazu. Vielleicht hatte Skinners frühzeitiges Dahinscheiden ihnen tatsächlich als Warnung gedient, sodass sie sich nun nicht mehr bei Nacht in zweifelhafte Viertel wagten … selbst dann nicht, wenn man ihnen kompromittierndes Beweismaterial gegen die Opfer ihrer Klienten versprach. Doch die Medien hatten nicht veröffentlicht, wie er seine Opfer anlockte, also gab es eigentlich keinen Grund, warum Carson misstrauisch geworden sein konnte.
Sein Gesicht verfinsterte sich, als der kalte Wind ihm in die Knochen fuhr. Sie wussten nichts, denn sonst hätte diese Schlange Richardson bestimmt nicht gezögert, es der Öffentlichkeit mitzuteilen. Tag für Tag erstattete sie Bericht, Tag für Tag deutete sie an, dass Kristen und die Polizei mehr wussten, als sie sagten. Diese Frau musste aufgehalten werden. Dummerweise hatte sie nichts Illegales oder wenigstens Unmoralisches getan. Sie benahm sich einfach nur daneben. Sie war lästig.
Eine Bewegung ließ ihn aufmerken. Er stemmte sich auf die Ellenbogen und spähte in die Dunkelheit. Also hatte die Ratte das Stück Käse doch für so unwiderstehlich gehalten, dass sie alle Vorsicht fahren ließ.
Wunderbar. Er beugte sich vor, blickte durch das Zielfernrohr und schauderte, als das eiskalte Metall sein Gesicht berührte. Er zielte auf Carsons Stirn. Zog den Abzug durch …
Eine weitere Bewegung am Rande seines Gesichtsfelds ließ ihn zusammenzucken, während er abdrückte. Ein durchdringender Schrei zerriss die Luft, und Carson fiel zu Boden.
Daneben. Er lebt noch.
Der Gedanke hatte sich kaum festgesetzt, als ein zweiter Mann aus dem Schatten trat und zu Carson hastete. Er sah entsetzt zu, wie der Mann ein Handy aus der Tasche holte. Carson war nicht allein gekommen. Wie von einer unsichtbaren Hand geleitet, senkte er erneut den Kopf, richtete das Zielfernrohr auf den anderen Mann und feuerte. Der Mann fiel ohne einen Laut zu Boden, aber Carson zuckte noch. Nun zielte er auf Carsons Brust, drückte erneut ab und sah, wie der Mann zu zappeln aufhörte.
Dann nahm er sein Gewehr und lief davon.