6. März 2010, Villa im Stadtteil Nymphenburg, München
Der alte Calvados schlierte ölig durch das Glas. Das Feuer im Kamin prasselte. Klänge von Rachmaninows Klavierkonzert waberten dezent durch die Lautsprecher der Bang & Olufsen-Anlage. Dies war die gemütlichste Ecke in der großen Wohnung, der Platz zum Lesen, Planen, Nachdenken. Das war eine erfolgreiche Woche! Anfänglich war alles anders gelaufen als ursprünglich geplant, aber es hatte sich dann sehr zum Guten gewendet! Zu so viel Professionalität und Cleverness bei der Konfliktlösung konnte man sich nur beglückwünschen! Prost! Du Genie!
- Aus finanzieller Sicht wurden in zehn Minuten 540.000,- Euro verdient.
- Aus strategischer Sicht waren sie nun im Zeitplan weiter vorangeschritten.
- Aus persönlicher Sicht konnte man auf die schnelle Reaktion und das professionelle Handeln unter Zeitdruck sehr stolz sein.
Am Montag, kurz vor 10:00 Uhr, rief doch der bereits tot geglaubte Fiodr Youl an, ist putzmunter und geht unglaublicherweise und plötzlich auf das ursprüngliche Ablöseangebot von 1,5 Mio. für seine 26%-Anteile ein. Durch geschicktes Taktieren konnte er binnen Minuten auf nur noch eine schlappe Million gedrückt werden – also die ersten 500.000,- Euro gut gemacht. Angst ist ein machtvoller Verbündeter!
Dann willigte der Russe ein, Wiedergutmachung für den verpatzten Auftrag zu leisten und erstattet 20.000,- Euro zurück und versprach den nächsten Auftrag kostenlos zu erledigen, um im Geschäft zu bleiben. Nochmals gut 20.000,- Euro Geldwert. Also 540.000,- Euro in nur zehn Minuten. Nein, nein, vielleicht sogar 6.000.000 Millionen Euro, denn Fiodr wollte ja ursprünglich sieben Millionen, was an sich schon ein echtes Schnäppchen war für seine 26%-Anteile an MOTOHMOTY s.r.o Ohne die besonderen Talente von Doc hätte das Konsortium vielleicht sieben Millionen berappen müssen – nun fielen nur 1.000.000,- plus 20.000,- für den Russen an. Bedeutete: ein rechnerisches Plus von 5.060.000,- in einer Woche! In diesem Stil sollte es ruhig weitergehen. Das waren Zahlen, die sich gut anfühlten. Es gab nicht viele, die so eine Menge Geld jemals verdienten, schon gar nicht in so kurzer Zeit.
Nochmals Prost, Du Genie! Der braune Umschlag auf dem Schoß mit genau 20.000,- Euro in Cash, das war schon mal ein Bonus und die weiteren eingeplanten 25 Riesen für den nächsten Job des Russen auch. Davon mussten die Partner nichts wissen. Dieses Geld war schon abgeschrieben und „ausgegeben“.
Wäre Fiodr tatsächlich gestorben, wie geplant, hätte es womöglich unerfreuliche Streitereien mit seinen Erben über die Anteilsablöse gegeben oder man hätte den Russen nochmals bemühen und bezahlen müssen. Nein, nein, so war alles sehr viel besser! Winwin auf allen Ebenen! Das große Ziel rückte näher! Der alte Malinger würde schon bald in Ruhestand gehen und der Malinger Konzern eine neue Führungsspitze erhalten. Dem alten Malinger könnte man dann jeden Tag den Stinkefinger zeigen und irgendwann auf sein Grab spucken.
Gaius Julius Cäsar war das große, strategische Vorbild. Er hatte Gallien erobert und dann systematisch ausbluten lassen. Das gleiche Muster funktionierte auch heute noch – das nächste „Gallien“ war der Malinger Autoteile-Konzern. An der richtigen Stelle sitzend konnte man ein Unternehmen legal ausbluten und ausplündern bis der Marktwert derart im Keller wäre, um es billig zu kaufen und es dann in kurzer Zeit wieder aufzubauen, um dann wieder wirklich teuer zu verkaufen.
Multidimensionales Schachspiel mit Königin, Türmen, Springern und Bauern. Dieses gekonnte Strategiespiel hatte Doc schon zu Stasi-Zeiten Ruhm und Ehre eingebracht. Nun brachte es Reichtum und Macht. Der Russe Victor saß ja auf Abruf bereit. Schon bald sollte er einen äußerst delikaten Auftrag erhalten. Eine gute Woche ging zu Ende. Eine gute neue Woche stand an. Eine sehr gute nahe Zukunft zeichnete sich immer deutlicher ab!