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In der Zentrale im Erdgeschoss des Police Administration Building klebten Desiree und Seth an ihren Computerbildschirmen und verfolgten die Ereignisse auf pickadeath.com. Sie konnten kaum glauben, was sie sahen, ebenso wenig wie alle anderen auf ihrem Stockwerk.
»Heilige Muttergottes!«, sagte Desiree, bekreuzigte sich und küsste das winzige goldene Kruzifix, das sie an einer Kette um den Hals trug. »Er will, dass die Leute abstimmen, ob er den armen Mann zerquetschen oder ihm wie einem Käfer Arme und Beine ausreißen soll?«
»Zehntausend Stimmen in zehn Minuten?«, sagte Seth. »Das ist ziemlich viel, wenn man bedenkt, dass nicht jeder für dieselbe Todesart abstimmt.«
»Du meinst, wenn die Zeit abgelaufen ist«, sagte Desiree, »und die zehntausend Stimmen nicht erreicht sind, dann hält der Killer sein Wort und lässt den armen Kerl laufen?«
Seth zuckte bloß mit den Schultern.
Doch das Geschehen auf ihren Monitoren zu verfolgen war nicht das Einzige, was Desiree und Seth taten. Ihre eigentliche Aufgabe bestand darin, den Anruf des Killers auf Hunters Apparat mitzuschneiden und zurückzuverfolgen.
Das Erste, was sie herausfanden, war, dass der Anruf von einem Handy kam. Sofort fragten sie mit Hilfe eines digitalen Standardformulars beim Mobilfunkanbieter die GPS-Koordinaten ab.
Nichts.
Kein GPS.
Entweder benutzte der Anrufer ein altes Handy, oder er hatte den GPS-Chip deaktiviert.
Also machten sich Desiree und Seth schleunigst daran, das Signal zu triangulieren – eine sehr viel umständlichere und zeitraubendere Methode, die normalerweise mehrere Minuten dauerte und deren Erfolg von zwei Hauptfaktoren abhing. Erstens: Das Telefon musste während des gesamten Vorgangs eingeschaltet bleiben. Schaltete der Anrufer das Handy aus, war es vorbei. Zweitens: Das Handy musste innerhalb ein und derselben Triangulations-Zone bleiben. Wenn der Anrufer sich bewegte und die Reichweite eines der drei Türme verließ, war alles umsonst gewesen, und der ganze Vorgang ging von vorne los.
Bis jetzt allerdings sah es gut aus.
Der Anrufer war nach wie vor in der Leitung und schien sich auch nicht von der Stelle zu bewegen. Wenn er noch ein wenig länger dranblieb, würden sie höchstwahrscheinlich seinen Standort ausfindig machen können. Doch weder Desiree noch Seth hegten diesbezüglich allzu große Hoffnungen. Sie hatten schon die beiden vorherigen Anrufe des Killers an Hunter bearbeitet. Sie hatten gesehen, wie geschickt er die Signale quer durch Los Angeles gelenkt und so das LAPD zum Narren gehalten hatte. Wenn dieser Täter eins nicht war, dann dumm. Er wusste genau, dass auch dieser Anruf aufgezeichnet und zurückverfolgt werden würde.
Einer der beiden Computer auf Seths Schreibtisch gab ein Piepsen von sich – das Zeichen, dass die Triangulierung abgeschlossen war. Seth und Desiree wandten sich dem Bildschirm zu, ohne jedoch den dort angezeigten Koordinaten allzu viel Beachtung zu schenken. Sie warteten einfach darauf, dass sie sich gleich wieder ändern würden, weil der Anrufer sich in Bewegung gesetzt hatte.
Doch nichts dergleichen geschah.
Zehn, zwanzig, dreißig Sekunden vergingen. Der Standort blieb derselbe.
»Kann doch nicht wahr sein«, murmelte Seth und beugte sich über seine Tastatur. Erst jetzt warfen er und Desiree einen genaueren Blick auf die Koordinaten.
»Ach du großer Gott.«