Zurück zu den Zyklen

Stattdessen könnte das Universum auf Zyklen beruhen. Der glatte, gleichförmige Zustand könnte der Endprozess der Ausdehnung sein, den unser Universum augenblicklich durchläuft. Über einen sehr großen Zeitraum betrachtet, könnten die Branen zusammenstoßen, einen gewaltigen Energiestoß auslösen, zerspringen und, während sie sich ausdehnen, diese Energie verteilen, bis sie abermals glatt und gleichförmig wären. Anschließend würden sie einander wieder anziehen und schließlich kollidieren, sodass alles von vorn begänne.

Bei diesem Modell war kein lästiger Anfang (mit den Fragen nach dem Woher und Warum) mehr nötig. Stattdessen durchläuft das Universum einen Kreislauf der Anziehung, des Aufpralls (mit einem ausgedehnten Knall), des Zerspringens und der Expansion, bis die Anziehung erneut überhandnimmt.

Die von der Dunklen Energie verursachte Beschleunigung der Expansion des Universums war jetzt keine geheimnisvolle unbekannte Größe mehr, sondern die Kraft im Zentrum der Wechselwirkung zwischen den Branen. Obwohl ein Teil dieser Energie offenbar in Materie und Lichtenergie im Universum nach der Kollision umgesetzt wird, reicht die zusätzliche Gravitationsanziehung der beteiligten neuen Masse aus, um den Zyklus aufrechtzuerhalten. Normale Energiequellen versiegen, aber bei der Gravitation kennen wir keine oberen Limits. Sie funktioniert einfach weiter.

Tatsächlich ist das Modell der kollidierenden Branen in Murmeltier-Universen auf nahezu einzigartige Weise in der Lage, unendlich lange fortzubestehen. Normalerweise sorgt der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik dafür, dass mit dem Verstreichen von Zeit ein Universum, das sich zusammenzieht, einen Urknall durchlebt, bis zu einem Limit expandiert, sich erneut zusammenzieht und den ganzen Vorgang wiederholt, schließlich einmal schlappmachen wird. Aber dank einiger ganz spezieller Eigenschaften von Branen ist das bei diesem besonderen Modell nicht der Fall.

Einer der maßgeblichsten Unterschiede zwischen Turoks und Steinhardts Modell der aufprallenden Branen und der alten Vorstellung eines zyklischen Universums ist von enormer Bedeutung, wird aber schnell übersehen. Es macht nämlich aus diesem Modell gewissermaßen einen Verwandten sowohl des Steady-State-Konzepts von Gold, Hoyle und Bondi als auch des Urknalls, weil es in einem potenziell unendlichen, ewig expandierenden Universum wiederholte Schöpfung gibt. Sie findet nur mit Unterbrechungen in einem viel großzügigeren Zeitrahmen statt, als das Steady-State-Modell es vorgibt. Im Gegensatz zu früheren zyklischen Modellen ist es nicht unser Universum, das einen Zyklus von Expansion und Kontraktion durchläuft.

In Turoks und Steinhardts Modell expandieren die drei uns vertrauten physikalischen Dimensionen für immer. Aber sie schrumpfen nicht. Es ist die Dimension, die die beiden Branen voneinander trennt, die expandiert und schrumpft. Das beseitigt nicht nur die Probleme mit Unendlichkeiten, die sich aus dem unendlich kleinen und dem unendlich energiereichen Anfang des Urknalls ergeben. Es bedeutet, das Universum hat in diesem Modell eine ganz andere Beschaffenheit. Am Ende unseres derzeitigen Zyklus wird unser Universum, während es auf die Branenkollision zusteuert, nicht kleiner werden.

Bei der Kollision werden die beiden Branen abermals eine Menge Energie erzeugen, die sich als Materie und Licht im neuen Universum manifestieren wird, aber die Anfangsdimensionen jenes Universums werden dann viel größer sein als dieses Mal, und es wird sogar noch stärker anwachsen – und immer weiter fort, ohne einen Grund, damit aufzuhören. In diesem Bild ist das Universum, dessen wir uns bewusst sind, nur ein kleiner Anteil des ganzen expandierenden Universums. Stellen Sie sich vor, es findet auf einer gewaltigen, vielleicht sogar unendlichen Platte statt, die wir Bran nennen. Wir selbst können nie jemals mehr als einen kleinen lokalen Abschnitt davon erkennen.

Für jene, die wie ich einst die Steady-State-Theorie sympathisch fanden und nie so richtig mit dem Urknall warm werden konnten, ist dies eine recht attraktive Alternative. Die einzige Schwierigkeit beim Vermeiden der Probleme, die der Urknall verursacht, besteht darin, es mit der gleichermaßen beunruhigenden M-Theorie aufzunehmen. Sie weist ja, obwohl sie, zusammen mit ihrer älteren Schwester, der Stringtheorie, eine sehr angesehene wissenschaftliche Theorie ist, kontinuierlich ernsthafte Mängel auf, wenn es um ihre experimentelle Bestätigung und um messbare Ergebnisse geht.

Damit soll nicht gesagt sein, die Theorie bestehe nur aus guten Ideen und viel Getöse. Die Mathematik hinter der Tätigkeit der Branen ist solide genug, und bisher funktioniert auch alles perfekt, um das Konzept der aufprallenden Branen als eine äußerst realistische Alternative zum Urknall plus Inflation zu präsentieren, aber es hat sich bis heute als unmöglich erwiesen, einen Weg zu finden, die Stringtheorie oder die M-Theorie bei einer Gegenüberstellung mit der Wirklichkeit auf Herz und Nieren zu prüfen. Sie stimmt mit unseren Beobachtungen überein, aber sie kann keine Vorhersagen treffen, die wir mit der Realität vergleichen können, weil es normalerweise zu viele mögliche Ergebnisse gibt.

Vor dem Urknall
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