So weit das Auge reicht
Alle bisher von uns verfolgten Versuche, die Größe des Universums zu messen, beziehen sich ausschließlich auf die sichtbare Größe. Sollte das Universum ein begrenztes Alter haben (dazu gleich mehr), dann können wir immer nur so weit sehen, wie sich das Licht in der verfügbaren Zeit fortbewegen kann. Das bedeutet, wir haben es mit einer Zeitskala für das Alter des Universums zu tun, die wir augenblicklich auf 13,7 Milliarden Jahre schätzen. Die größte Ausdehnung des Universums, die wir heute feststellen können, beläuft sich auf einen Durchmesser von 27 Milliarden Lichtjahren. (In einer Milliarde Jahren wird diese Weite 29 Milliarden Lichtjahre betragen und so weiter.) Was aber nicht heißt, dass das Universum an den Grenzen des Sichtbaren aufhört.
Obwohl dieses beobachtbare Universum zwangsläufig endlich ist, könnte das wahre Universum dennoch unendlich sein. Tatsächlich lässt sich ein unendliches Universum in gewisser Weise besser handhaben. Wenn das Universum eine Grenze hat, steht man immer vor der Frage, was sich jenseits der Grenze befindet. Falls sich das Universum ausdehnt, wie wir glauben, wohin dehnt es sich dann aus? Das lässt sich relativ einfach beantworten, denn mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit dehnt es sich in nichts aus. Den Theorien eines expandierenden Universums zufolge ist es nämlich der Raum selbst, der sich ausdehnt, sodass es keinen Raum geben muss, in den sich das Universum ausdehnt.
Die Frage, was am Rand geschieht, falls das Universum endlich sein sollte, ist da schon ein wenig heikler. Was geschähe denn, falls man mit einem Raumschiff bis zum Rand des Universums fliegen könnte? Falls der Raum dort buchstäblich aufhörte, wäre eine Barriere denkbar. Sollte dies der Fall sein, würde man gegen eine unsichtbare Wand prallen. Es gäbe eben nur keinen Raum, in den man vordringen könnte, sodass man nicht weiterkäme. (In der Realität wäre die Durchführung dieses Experiments wohl nicht allzu praktikabel, denn da sich das Universum ausdehnt, wird es ja größer, und das mit so großer Geschwindigkeit, dass wir es niemals durcheilen könnten.)
Eine Alternative zu dieser Ansicht ist im Lauf der Zeit immer mal wieder aufgetaucht. Darin faltet sich das Universum in einer vierten Raumdimension in sich selbst zusammen. Nach dieser Theorie würden Sie beim vermeintlichen Flug über den Rand des Universums hinaus in die entgegengesetzte Richtung fliegen. Von Ihrem Standpunkt aus gäbe es keinen Rand, das Universum dauerte ewig, aber Sie kämen schließlich immer wieder am selben Punkt vorbei.
Das ist gar nicht so bizarr, wie es klingen mag. Wir können uns entsprechende Situationen für Wesen mit weniger Dimensionen ohne weiteres vorstellen. Eindimensionale Wesen, die einer kreisförmigen Linie folgten, oder flache Wesen, die die Oberfläche einer Kugel umrundeten, würden genau diese Erfahrung machen. Man bewegt sich auf einer vermeintlich geraden Linie fort, die Reise endet nie, aber man kehrt ständig zum selben Punkt zurück. Ihre Welt ist endlich, Sie können sie beliebig durchqueren, trotzdem hat sie keinen Rand. Sie werden niemals an ein Ende kommen. Die alten Griechen hatten unrecht, als sie sagten, es gäbe nichts Endliches ohne einen Rand.