Erinnerungen an die Vergangenheit

Als jedoch Parampreet Singh vom Perimeter Institute for Theoretical Physics im kanadischen Waterloo und Alejandro Corichi von der National Autonomous University of Mexico in Morelia versuchten, mit Hilfe der Mathematik der Schleifenquantengravitation ein solches Universum zu entwerfen, stellten sie fest, dass der Prozess, einen «Ur-Rückprall» (Big Bang bounce) zu durchlaufen, keine bedeutsame Auswirkung auf die entscheidenden Parameter des Universums hat – jene Goldlöckchenwerte, die genau richtig sind für die Evolution des Lebens.

Sollten Singh und Corichi recht behalten, würde uns das Universum vor dem Schleifenquantengravitations-Rückprall erstaunlicherweise vertraut erscheinen. Unser Vorläufer-Universum hätte dieselben Naturgesetze. Energie und Materie verhielten sich wie in unserem Universum. Auch die Zeit verliefe zum größten Teil so, wie wir sie jetzt erleben. «Da das Universum sich vor dem Rückprall zusammenzieht», sagte Singh, «sieht es so aus, als schauten wir auf unser Universum zurück in der Zeit.» Weil sehr kleine Unterschiede zu gewaltigen Veränderungen in komplexen Systemen führen, die aus einfacheren Systemen hervorgehen, sollten wir nicht damit rechnen, dass das alte Universum mit unserem derzeitigen identisch wäre, bis hin zu Kopien von Ihnen, die dieselbe Stadt in derselben Welt bewohnten. Aber im großen Maßstab von Galaxienhaufen könnte es schon ähnliche Strukturen geben. Singh betont allerdings, dass Galaxien sich in einem Vorläufer-Universum auf eine andere Art und Weise gebildet haben könnten, was dann selbst auf dieser Ebene zu Unterschieden geführt hätte.

Im Gegensatz zu einigen möglichen Antworten auf die Frage «Was war vor dem Urknall?» ist das Bild, das Singh und Corichi skizzieren, schon sehr «mehr desgleichen». Weil sie glauben, dass Strukturen bis zu einem gewissen Grad die «Große Quetsche» (Big Crumple), die dem Rückprall vorausgeht, überleben könnten, müssten wir, so glauben sie, ein schwaches Abbild der Struktur des Universums vor dem Urknall in der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung erkennen können. Das seltsame Muster, das der WMAP-Satellit aufspürte, könnte uns fast genauso viel über das «Davor» erzählen wie über die Struktur der Galaxien und Galaxienhaufen, die offenbar daraus hervorgegangen sind.

Betritt man die Ebene unterhalb von Galaxienhaufen, wird die Aussicht auf chaotische Modifikationen einfach zu groß. Schon sehr kleine Unterschiede, die aufgrund der Schwankungen im frühen Universum zwangsläufig geschähen, verstärkten sich in Raum und Zeit und erzeugten einen Schmetterlingseffekt, wobei ein mikroskopisch kleiner Unterschied im Endergebnis zu gewaltigen Verschiebungen führte.

Zur Zeit der Niederschrift dieses Buches wird diese Vorstellung jedoch noch nicht universell von den Wissenschaftlern unterstützt, die sich auf Quantengravitation spezialisiert haben (die selbst nur eine relative Minderheit unter jenen sind, die sich bemühen, ein Bild davon zu entwerfen, wie alles zusammenhängt und funktioniert). Die Modelle des Universums, die Singh und Corichi anwandten, sind nicht nur recht einfach, sie stellen auch nicht die einzige Interpretationsmöglichkeit der Mathematik dar, denn andere Kollegen glauben, es gäbe keine Kontinuität der Struktur der Welt vor dem Urknall. Es könnte sein, dass im Vorläufer-Universum sich jenes Quantendurcheinander auf der Ebene einer Lebenswelt fortsetzte, wo die Raumzeit selbst ähnlich chaotisch war – eine wahrhaft seltsame Welt.

Vor dem Urknall
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