D R I T T E R T E I L
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Die Nachricht der posthumen Verurteilung und der staatlich verordneten Feier ihres Todes erreichte sie in ihrem Versteck im Wald, in dem sich Kamĩtĩ von der Schusswunde und dem Koma erholte.
„Wir sind zwei Mal gestorben“, sagte Kamĩtĩ.
„Wenigstens haben sie uns mit einem Staatsbegräbnis geehrt“, meinte Nyawĩra und lachte verhalten.
„Staatsbegräbnis auf einem Scheiterhaufen“, entgegnete Kamĩtĩ. „Ihre Nachahmung der Höllenfeuer.“
Sein Tonfall ließ erkennen, dass er sich erholte, und Nyawĩra war dankbar dafür. Die letzten Wochen waren grauenhaft gewesen, weil Kamĩtĩs Leben am seidenen Faden gehangen hatte. Sie dachte daran, wie sie ihn schnell in ein sicheres Haus gebracht hatten, wo ein mit der Bewegung befreundeter Arzt die Blutung gestoppt hatte, bevor sie ihn in die Berge brachten. Die Kugel hatte das Herz nur um einige Zentimeter verfehlt, aber ihre erfolgreiche Entfernung und eine Mischung aus moderner Arznei und Heilkräutern brachten ihn wieder ins Leben zurück. Sie pflegte ihn die ganze Zeit, stützte ihn oft beim Gehen, in den letzten Tagen aber nicht mehr. Er war wieder auf den Beinen und sie gingen häufig im Wald spazieren.
Immer wieder erzählte sie ihm von dem Tag, an dem sie dem Tod entgangen waren, weil das Trauma, die Bewusstlosigkeit und das Koma viele Lücken in sein Gedächtnis gerissen hatten. Als Kamĩtĩ fiel, hatte sie sich gefühlt, als wäre ihre Seele mit ihm zusammengebrochen, und als sie seinen Körper mit ihrem bedeckte, war es, als ob auch sie vom Leben Abschied nahm. Ich werde ihn anstarren, wenn ich sterbe, hatte sie beschlossen, als Kaniũrũ seine Waffe auf sie richtete. Ich werde ihm nicht die Genugtuung verschaffen, Angst zu zeigen. Kaum hatte sie das gedacht, sah sie, wie ihm jemand die Waffe entriss; Kaniũrũ und sein Widersacher, „unser Retter“, wälzten sich ringend am Boden. Sie ärgerte sich oft, sich nicht an das Gesicht des Retters erinnern zu können, und Kamĩtĩ musste sie beruhigen, dass ihr Gesicht und Name schon einfallen würden, wenn sie nur nicht dauernd daran dächte – aber es ging ihr ständig durch den Kopf.
„Uns mit Mambo und Machokali zu verbinden, war ein großer Bocksprung der Phantasie“, meinte Kamĩtĩ.
„Oder ein Fall von Baby-D-Blues“, fügte Nyawĩra hinzu.