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Die Nachricht kam aus dem State House und wurde von Informationsminister Big Ben Mambo über alle Medien verbreitet. Der Herrscher hatte eine Philosophie entwickelt, die die Menschen vom neuzeitlichen Stress der Moderne heilen würde. Die Regierungsdruckerei gab sogar eine Broschüre heraus: „Magnus Africanus: Prolegomena einer Zukünftigen Glückseligkeit, verfasst vom Herrscher.“ Im Buch stand unter anderem, dass dem Herrscher während der Zeit seines Rückzugs und der Meditation offenbart worden sei, die wahre Bedrohung der Zukunft Aburĩrias bestünde in der Vernachlässigung der Tradition durch Menschen, die einer stressvollen Modernität nachjagten.
Und deshalb sollten dem „Magnus Africanus“ zufolge Kinder und Jugendliche, selbst diejenigen an der Universität, den Rat der Erwachsenen suchen und befolgen, und wenn sie das nicht täten, den Rohrstock auf dem blanken Gesäß zu spüren bekommen. Frauen sollten beschnitten werden und ihre Unterwerfung dadurch zeigen, dass sie immer einige Schritte hinter ihren Männern gingen. Polygame Haushalte durften keine Warteschlangen bilden. Statt zu schreien, wenn sie verprügelt wurden, sollten die Frauen Loblieder auf diejenigen singen, die sie schlugen, und darüber hinaus Feste veranstalten, auf denen das Schlagen der Ehefrauen zu Ehren der Männlichkeit gefeiert wurde. Vor allem sollten alle Aburĩrier immer daran denken, dass der Herrscher der Ehemann Nummer Eins sei und es deshalb als seine Pflicht ansehe, dem Land ein Beispiel dafür zu geben, was der einzelne Mann in seinem Hause zu tun hatte. Die Regierung verteilte die Broschüren kostenlos in Kirchen, Moscheen, Tempeln und Schulen. Fernsehen und Radio sollten täglich einen Auszug senden als Gedanken zum Tag. Die Lehrer wurden streng angehalten, den Schulkindern die Werte der Vergangenheit zu lehren, der widerspruchslosen Folgsamkeit. Anstatt das Wort „Vergangenheit“ zu verwenden, sollten sie über afrikanische Modernität im Wandel der Zeiten sprechen, und die führenden Gestalten bei Afrikas Marsch zurück zu den Wurzeln einer authentischen, unwandelbaren Vergangenheit sollten als die großen Weisen der afrikanischen Moderne betrachtet werden.
Am Erscheinungstag des „Magnus Africanus“ verfügte der Herrscher in einem gesonderten Dekret, dass traditionelle afrikanische Heiler nicht mehr als Hexer, Wahrsager oder Zauberheiler bezeichnet werden durften. Ab sofort sollten sie Spezialisten für afrikanische Psychiatrie, kurz Afrochiater, genannt werden und hatten die Erlaubnis, den Doktortitel zu führen. Der Herrscher plante zudem die Gründung der Ruler’s Academy of Authentic Afrochiatrists (RAAA).
Die dramatischste Verlautbarung in einer Woche dramatischer Verlautbarungen sollte bald folgen und diese wurde in jedem Haus, in jedem Dorf, in jedem Winkel des Landes sofort zum Gegenstand von Klatsch, Gerüchten und Spekulationen. Der Herrscher verkündete, dass sich alle, die Gründungsdoktoren der neuen Akademie werden wollten, im State House zu einem landesweiten Test einfinden sollten. Aus den besten Gründungsdoktoren der Akademie würde der Herrscher einen Beraterstab bilden, der den Herrscher dabei unterstützen sollte, die Köpfe des Volkes klar auszurichten – den Gedanken des Herrschers entsprechend. Der Test sollte nach der Regel erfolgen: Wer zuerst kommt, wird zuerst getestet.