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Der Herr der Krähen hing in der Empfangshalle herum und wusste nichts mit sich anzufangen. Er kaufte eine Zeitung, konnte den Berichten aber nicht folgen. Er schaute jeden prüfend an und hoffte, ein Delegationsmitglied zu entdecken. Eine hochschwangere Frau stieg aus einem Taxi und betrat das Hotel; sein Blick folgte ihr, bis sie verschwunden war. Unwillkürlich stellte er sich Nyawĩra als werdende Mutter vor. Er hatte sich immer nach einer Familie gesehnt, die sich auf Liebe und gegenseitigen Respekt zwischen Mann, Frau und Kindern gründete.
Seine Sehnsucht nach Nyawĩra war grenzenlos; er war viel zu lange fort gewesen. Sogar Machokali hatte gesagt, man brauche ihn nur für einen Tag und würde ihn nach Hause schicken, sobald er den Herrscher geheilt habe. Vielleicht hatte sich der Herrscher erholt und es ging ihm wieder gut; vielleicht redete er immer noch. Wie auch immer, für ihn stand fest, dass seine Dienste nicht mehr gebraucht wurden. Er musste zurück nach Aburĩria. Zum Glück hatte er noch seinen Pass und das Flugticket.
Aber er wollte sich nicht einfach davonstehlen, ohne jemanden zu informieren. Deshalb ging er zur Rezeption und bat um ein Blatt Papier. Er würde Machokali eine Nachricht hinterlassen. Doch als er sich zum Schreiben niederbeugte, flimmerte eine Folge von Bildern durch seinen Kopf. Zuerst die aufgedunsene Allmächtige Vortrefflichkeit. Das Bild ging in das der schwangeren Frau über und dann in die drei Männer von der Global Bank. Als Nächstes sah er Furyk und die Delegationsmitglieder am großen Spiegel im Krankenzimmer vorbeigehen. Wieder dachte der Herr der Krähen daran, wie der Herrscher Machokali angestarrt hatte, ein Blick, dessen Boshaftigkeit eindeutig war. In seinem Körper kribbelte ein beklemmendes Gefühl, und er empfand ungeheures Mitleid für Machokali. Dem Herrn der Krähen war bewusst, was dieser Blick und das Kopfschütteln bedeuteten; er wusste aber auch, dass ihm keiner, nicht einmal Machokali, glauben würde, wenn er es aufschrieb. Aber weil er niemandem etwas Böses wünschte, hielt er es für seine Pflicht, Machokali, ohne näher darauf einzugehen, vor der Gefahr, die ihm drohte, zu warnen.
Er schrieb: „Ich habe keinen Passierschein. Passen Sie auf sich auf. Das Land ist schwanger. Und niemand weiß, was es zur Welt bringen wird.“
Er überflog die Nachricht noch einmal, faltete das Papier, adressiertes es an Machokali und übergab es der Empfangsdame.
Dann winkte er ein Taxi heran und fuhr zum Flughafen, um einen Flug nach Aburĩria zu nehmen, irgendeinen Flug. Er freute sich, bald wieder mit Nyawĩra zusammen zu sein.